Vastagh, Géza Stieglitz
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Beschreibung
Hinter der scheinbaren Schlichtheit dieses kleinen Stilllebens verbirgt sich eine fein austarierte Studie über Vergänglichkeit, Naturbeobachtung und stille Dramatik. Vastagh Géza, der als Tiermaler große Anerkennung fand, setzt den toten Stieglitz nicht als Jagdtrophäe in Szene, sondern als einsames, fast intimes Motiv – eine Abkehr vom prunkvollen Wildstillleben hin zu einem kontemplativen, fast wissenschaftlich nüchternen Blick.
Die Komposition ist radikal reduziert: Kein Beiwerk, keine Landschaft, kein Hinweis auf menschliches Handeln. Der Vogel liegt isoliert auf einer strukturierten, hellen Fläche, wodurch sein farbiges Gefieder – Rot, Gelb und Schwarz – mit umso größerer Intensität hervortritt. Dieses Herauslösen aus jedem erzählerischen Kontext verschiebt das Bild in einen symbolischen Raum: Der kleine Körper wird zum memento mori, zum Zeichen der Fragilität des Lebens.
Gleichzeitig ruft der Stieglitz eine lange ikonografische Tradition auf. In der christlichen Kunst galt er als Symbol für die Passion Christi, da er – so die Legende – beim Versuch, Christus am Kreuz zu trösten, sein Gefieder mit dem Blut der Dornenkrone färbte. Obgleich Vastagh keinen religiösen Rahmen vorgibt, ist die Kontrastierung zwischen zartem Körper und grellen roten Kopfpartien für zeitgenössische Betrachter durchaus mit dieser Bedeutungsschicht resonant gewesen.
So verbindet das Gemälde naturalistische Präzision mit einer zurückhaltenden poetischen Tiefe. Vastagh zeigt nicht nur ein Tier, sondern das Ende eines Lebens – ohne Pathos, aber mit großer Sensibilität. In seiner Schlichtheit wirkt das Werk fast modern, überraschend konzentriert und von einer stillen Emotionalität getragen, die weit über das Genre des Tierstilllebens hinausweist.



